Das „Requiem“ von Eleanor Daley (*1955) gehört auch 30 Jahre nach seinem Entstehen zu den interessantesten Werken zeitgenössischer Chormusik. Die kanadische Komponistin variiert wirkungsvoll das überlieferte Requiem-Format, streicht einige kanonische Texte, fügt stattdessen Gedichte von Poetinnen des 20. Jahrhunderts hinzu und verleiht ihrem Werk so Unmittelbarkeit und persönliche Relevanz. Zurecht verzichtet sie dabei auf Instrumente und vertraut ganz auf die menschliche Stimme als ideale musikalische Vermittlerin existenzieller Gefühle. Mit einfühlsamer, stilistisch klar definierter und doch abwechslungsreicher Klangsprache hat das Requiem nicht nur mehrere nachfolgende Generationen von Komponistinnen und Komponisten inspiriert, sondern es ergreift bis heute weltweit Hörerinnen und Hörer.
„Aller Welte Trost“ stellt dem Requiem Kompositionen von Hugo Distler, Arvo Pärt, Max Reger, Thomas Tomkins und Charles Villiers Stanford zur Seite. Sie alle bearbeiten auf eindrückliche, je ganz individuelle Weise die uns heute bedrängenden Fragen nach dem Umgang mit Leid, Tod, Krieg und Trauer – ergreifende, kathartische, hoffnungspendende Musik.
Beim Konzert in der Melanchthonkirche spielte Hartmut Neubauer zwei Stücke auf dem Klavier. Neben Fanny Hensels “November (Das Jahr)” wurde ein Komposition von ihm uraufgeführt:
„funeral” ist die Klavierbearbeitung eines Orgelwerks. Es handelt sich um einen Beitrag zum Carl-Orff-Wettbewerb 2019. Aufgabe war, das Kopfthema der c-Moll-Fantasie KV 475 von Wolfgang Amadeus Mozart mit einem neuntönigen Akkord aus “De temporum fine comoedia” von Carl Orff zusammenzubringen. Außerdem gibt es in “funeral” Elemente aus einer Klaviersonate von Karl Amadeus Hartmann, in der er 1945 den Todesmarsch von Dachauer KZ-Insassen verarbeitete. “funeral” beginnt und endet als langsam gehender Trauermarsch mit dem Mozart-Thema als Bass-Ostinato, kulminiert aber in der Mitte in einer Anklage und einem Schrei (dort erklingt der Orff-Akkord). – funeral ist dem Gedenken derer gewidmet, die auf der Flucht ihr Leben verloren.
- Hugo Distler: Ich wollt, dass ich daheime wär
- Arvo Pärt: Da pacem domine
- Hartmut Neubauer: funeral (Klavier, Uraufführung)
- Thomas Tomkins: When David heard
- Eleanor Daley: Requiem
- Fanny Hensel: November (Das Jahr) (Klavier)
- Max Reger: Das Sternlein
- Charles Villiers Stanford: The blue bird